Pionier Parapsychologie

Die Vorabregistrierung von Studien reduziert die Anzahl falschpositiver Forschungsergebnisse. Die Wurzeln dieser Methode liegen ausgerechnet in der Parapsychologie.

Wer „Parapsychologie“ hört, denkt an Poltergeister, Präkognitionen und Psi-Phänomene, nicht unbedingt an knallharte Wissenschaft. Zu Unrecht, wie eine aktuelle Studie bestätigt. Ein Forscherteam um den britischen Psychologen und Skeptiker Richard Wiseman von der University of Hertfordshire hat im Fachjournal PeerJ zweierlei gezeigt [Wiseman R et al. PeerJ 7:e6232]: zum einen, dass innovative Parapsychologen schon sehr viel früher härtere Standards für das wissenschaftliche Publizieren eingeführt haben, als die Mutterdisziplin. Und, dass diese Standards tatsächlich eine messbare Wirkung entfalten.
Konkret geht es um die sogenannte Vorabregistrierung von Studien. Das ist ein Verfahren, bei dem Forscher noch vor der Studiendurchführung hinterlegen, welche Hypothesen sie mit welchen Methoden und welcher Stichprobe testen wollen. Das soll verhindern, dass Wissenschaftler sogenannte fragwürdige Forschungspraktiken anwenden. Das sind zum Beispiel:
  • Nichtberichten von einzelnen Analysen oder ganzen Studien, falls diese das „erwünschte“ Ergebnis nicht bestätigen 
  • Anpassen bzw. Formulieren von Hypothesen nach der Datenerhebung
  • Herumrechnen am Datensatz, bis sich doch noch irgendwo ein statistisch bedeutsames Ergebnis findet
Kurzum: Ziel der Präregistrierung ist es, das Vertrauen in publizierte Befunde zu stärken, und sicherzustellen, dass auch negative Resultate publiziert werden. In der Medizin ist die Präregistrierung zu diesen Zwecken ungefähr seit den 1980er Jahren Usus. In Verhaltenswissenschaften wie der Psychologie wurde dagegen erstmals 2013 eine konventionelle Studie präregistriert.

Wiseman und Kollegen legen nun dar, dass Martin Johnson, Herausgeber des European Journal of Parapsychology (EJP), bereits 1976 Forschern die Option zur Präregistrierung angeboten und nahegelegt hatte. Und sie machten sich den Umstand zunutze, dass das EJP von 1976 bis 1993 sowohl präregistrierte als auch nicht registrierte Studien publiziert hat. Davon nutzte das Team 60 Studien, um folgende Hypothese zu prüfen: Durch die Vorabregistrierung sollte die Veröffentlichung von (falsch-)positiven Befunden zurück gehen. Und tatsächlich: Waren ohne Vorabregistrierung 28,4% der geprüften Hypothesen (vermeintlich) bestätigt worden, waren es bei den vorangemeldeten Studien nur 8,4% – ein deutlicher und auch statistisch bedeutsamer Unterschied. Wiseman und sein Team werten das als Signal, dass die Präregistrierung auch in den Verhaltenswissenschaften fragwürdige Forschungspraktiken eindämmen kann. In der Tat gibt es inzwischen mit den Plattformen Open Science Framework oder As Predicted diverse Register für verhaltenswissenschaftliche Untersuchungen; die Anzahl von Studien, die dort vorab registriert werden, steigt von Jahr zum zu Jahr.
Weil so viele Menschen der Parapsychologie mit Skepsis begegnen, könnte genau das dazu geführt haben, dass sich die Disziplin frühzeitiger härtere Standards verpasst hat, als die Psychologie, spekulieren Wiseman und Kollegen. Weitere Beispiele seien die Randomisierung (zufällige Verteilung von Teilnehmern auf die experimentellen Gruppen) oder die Verblindung (Forscher wissen selber nicht, wer zu welcher Gruppe gehört). Und auch wenn Johnsons Präregistrierung noch nicht ganz so streng gewesen sei wie aktuelle Registrierungen, wäre sie diesen immerhin um etwa 40 Jahre voraus gewesen, schreiben die Forscher in ihrer Diskussion.

Das Bild zeigt den US-Parapsychologen Joseph Banks Rhine und den Probanden Hubert Pearce bei der Arbeit mit sogenannten Zener-Karten, die zum Beispiel für Experimente im Bereich der Präkognition genutzt werden. Bildquelle: Extra-Sensory Perception, Boston Society for Psychical Research, 1934, via wikimedia.org

Beweis für paranormale Fähigkeiten?

Bei den präregistrierten Studien fanden Wiseman und Mitarbeiter einen Anteil an bestätigten Hypothesen von 8,4%. Diese Quote liegt immer noch über der in statistischen Analysen üblicherweise eingeräumten Zufallstrefferrate von 5%. Sind Phänomene wie Telepathie oder Psychokinese damit also nachgewiesen? Das britische Forscherteam widerspricht: Weniger offensichtliche methodische Fehler bei der Studiendurchführung könnten durch eine Präregistrierung nicht geheilt werden. Ein Beispiel: Probanden sehen in der Spiegelung der Brillengläser des Experimentators, welche Karte er vermeintlich verdeckt ausgewählt hat. Die Karte ließe sich damit ganz herkömmlich und ohne übersinnliche Fähigkeiten erkennen. Dieses Problem nennen Skeptiker "sensory leakage", eine bekannte Fehlerquelle in parapsychologischen Experimenten.

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