Die grüne Seite des Mondes

In Bodenproben des Mondes lassen sich prinzipiell Pflanzen züchten, wie erstmals eine Studie aufzeigt. Gute Gartenerde ist das allerdings ganz und gar nicht: Der lunare Boden setzt Gewächse mächtig unter Stress – mit Folgen für deren Äußeres und Inneres.

In Ridley Scotts Science-Fiction-Film „Der Marsianer” überlebt ein auf dem Mars zurückgelassener Astronaut auch dank seines gärtnerischen Geschicks: In der roten Erde gezüchtete Kartoffeln liefern ihm eine passable Ernährungsquelle, bis er schließlich gerettet wird. Aber ist das auch realistisch? Tatsächlich waren Forschende auf der Basis von irdischen Experimenten 2017 zu dem Schluss gekommen, dass die extraterrestrische Kartoffelzucht prinzipiell funktionieren könnte [Ramírez DA et al. Int J Astrobiol. 2017;18(1):18-24]. Um die Marsbedingungen auf der Erde bestmöglich nachzuahmen, hatte man unter anderem Bodenmaterial aus der La-Joya-Wüste in Peru für die Aussaat genutzt.

Mutter Erde = Muttererde?

Frisch im Nature-Fachjournal Communications Biology publizierte Daten einer aktuellen Studie lassen sich indes (auch) als Warnung verstehen, dass solche simulierten Böden die realen Verhältnisse im All möglicherweise nur unzureichend abbilden [Paul AL et al. Commun. Biol. https://doi.org/htsx]. Denn ein Forschungsteam um Anna-Lisa Paul von der University of Florida, Gainesville, FL, USA, hat jetzt erstmals Pflanzensamen der sogenannten Schotenkresse auf Bodenmaterial ausgesät, welches die Apollo-Missionen 11, 12 und 17 vom Mond mit zur Erde zurückgebracht hatten; für eine Kontrollgruppe ließen die Forschenden parallel Pflanzen in einer speziellen irdischen Vulkanasche namens JSC-1A anwachsen, die als guter Mondbodensimulant gilt. Im direkten Vergleich zeigte sich: Im tatsächlichen Mondboden wuchsen die Pflanzen langsamer, waren kleiner und zum Teil verkrüppelt. Einige Exemplare wiesen auch eine abnormale Färbung auf, was bei Pflanzen auf stressige Umweltbedingungen hinweisen kann. Auch molekularbiologische Daten, die das Team vorgelegt hat, stützen diese Interpretation: Verglichen mit den Vulkanaschegewächsen waren bei ihren Mondgeschwistern verschiedene Genprogramme hochgefahren, die Pflanzen aktivieren, wenn sie mit hohen Konzentrationen von Salz, Metallen und Sauerstoffradikalen zu kämpfen haben.

     

In irdischer Vulkanasche gezogene Pflanzen (links) und solche, die auf Mondbodenproben gezüchtet wurden (rechts). Eingepflanzt wurde jeweils die sogenannte Schotenkresse (auch Acker-Schmalwand oder Gänserauke genannt. Lateinischer Name: Arabidopsis thaliana). Copyright: Tyler Jones, UF/IFAS


Strahlung macht Monderde lebendfeindlich

Paul und ihre Kollegen gehen davon aus, dass sich ihre Beobachtungen durch die kosmische Strahlung erklären lassen, die auf die Mondoberfläche einwirkt. Sonnenwinde und andere Strahlenquellen würden demnach die Zusammensetzung des Mondbodens so verändern, dass sie für Organismen lebensfeindlich wird. Für diese Erklärung spricht, dass die Pflanzen auf solchen Bodenproben am stärksten beeinträchtigt waren, die in der „Erdgeschichte“ des Mondes am längsten kosmische Strahlung abbekommen hatten. Je länger der Mondboden solcher Strahlung ausgesetzt ist, desto mehr finden sich dort zum Beispiel bestimmte Formen des Metalls Eisen, die den Pflanzen zu schaffen machen.

Relevanz für kommende Mondbasis

Die Ergebnisse sind nicht zuletzt für das sogenannte Artemis-Programm der NASA relevant, im Rahmen dessen auch eine Mondbasis errichtet werden soll  (siehe Details auf der zugehörigen Website der NASA: https://www.nasa.gov/specials/artemis). In der Theorie spielt die extraterrestrische Pflanzenzucht für solche Unternehmungen nämlich eine entscheidende Rolle: Pflanzen könnten Sauerstoff liefern, als Nahrungsquelle dienen, Wasser recyceln und CO2 aus der Mondbasis entfernen. Ließe sich dafür direkt der örtliche Boden nutzen, wäre das natürlich äußerst elegant. Die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung zeigen schon mal: „Alter“ Mondboden kommt dafür wohl eher nicht infrage. Die Vorbereitungen für das Artemis-Programm laufen bereits und die erste bemannte Mondlandung seit über 50 Jahren wird bis 2030 erwartet. Wer also auf Mondkartoffeln wartet, muss sich so oder so noch gedulden!

Moritz Borchers

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